Wann fällt bei Anteilsschenkungen mit Vorbehaltsnießbrauch Grunderwerbsteuer an?

April 22, 2025 | Autor:

uxd.rocks


Einleitung: Steuerfreiheit mit Fallstricken

Die unentgeltliche Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften ist ein beliebtes Instrument der vorweggenommenen Unternehmens- und Vermögensnachfolge. § 3 Nr. 2 GrEStG befreit derartige Schenkungen von der Grunderwerbsteuer – ein echter Vorteil gegenüber entgeltlichen Transaktionen. In der Praxis wird jedoch häufig ein Vorbehaltsnießbrauch zugunsten des Schenkers vereinbart – etwa, um weiterhin über laufende Ausschüttungen verfügen zu können.

Doch genau hier beginnt die Unsicherheit: Führt ein solcher Vorbehaltsnießbrauch möglicherweise dazu, dass die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG (teilweise) versagt wird? Die steuerliche Behandlung ist nicht abschließend geklärt – weder in der Rechtsprechung noch durch Verwaltungsanweisungen. 

Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG – was ist begünstigt?

Nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG sind Grundstücksschenkungen von der Grunderwerbsteuer befreit. Gleiches gilt für mittelbare Grundstücksübertragungen – etwa durch die unentgeltliche Übertragung von Anteilen an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft (z. B. GmbH oder AG).

Die Vorschrift setzt voraus, dass es sich um eine „freigebige Zuwendung unter Lebenden“ im Sinne des § 7 ErbStG handelt. Damit korrespondiert die Steuerbefreiung in der Grunderwerbsteuer mit der Schenkungsteuerpflicht – nur in echten Schenkungsfällen entfällt die Grunderwerbsteuer.

Was passiert bei Schenkung mit Vorbehaltsnießbrauch?

In vielen Nachfolgegestaltungen behält sich der Schenker ein Nießbrauchsrecht vor – konkret das Recht, weiterhin die Erträge aus dem Unternehmen oder der Immobilie zu beziehen. Dies ist insbesondere bei ausschüttenden Immobiliengesellschaften oder operativen GmbHs mit Immobilienbesitz gängige Praxis. Der Vorbehaltsnießbrauch sichert die finanzielle Absicherung des Schenkers, ohne dass wirtschaftliche Eigentumsverhältnisse verändert werden.

Doch genau hier liegt das Risiko: § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG bestimmt, dass die Steuerbefreiung nicht gilt, soweit der Erwerber eine Auflage zu erfüllen hat.

Ist der Vorbehaltsnießbrauch eine steuerlich relevante Auflage?

Ob ein Vorbehaltsnießbrauch eine „Auflage“ im Sinne des § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG darstellt, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden. Die Literatur ist uneinheitlich:

  • Argument für eine Auflage: Der Erwerber muss wirtschaftlich betrachtet dulden, dass der Schenker weiterhin Leistungen aus der Gesellschaft bezieht. Diese „Belastung“ könnte als Auflage gewertet werden – insbesondere dann, wenn der Nießbrauch aus Sicht der Gesellschaft zu einer dauerhaften Minderung der Substanz führt.

  • Argument gegen eine Auflage: Der Nießbrauch wird nicht gegenüber der Gesellschaft, sondern direkt gegenüber den Anteilen begründet. Der Gesellschaftsanteil ist damit zwar wirtschaftlich belastet, jedoch nicht „zugunsten des Erwerbers eingeschränkt“. Der Erwerber erhält von Beginn an die volle Beteiligung – nur eben ohne Ausschüttungsrecht für die Dauer des Nießbrauchs.

Zwischenergebnis: Selbst wenn man den Nießbrauch als Auflage einstuft, stellt sich die Frage, in welchem Umfang dies zur Versagung der Steuerbefreiung führt.

Umfang der möglichen Grunderwerbsteuerpflicht

Wird der Vorbehaltsnießbrauch als Auflage gewertet, ist die Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG insoweit ausgeschlossen. Aber: Wie wird der Umfang bestimmt?

Die Vorschrift spricht nicht von einer „vollständigen“ Versagung der Befreiung, sondern nur „soweit“ eine Auflage besteht. Eine wirtschaftliche Aufteilung scheint damit zulässig. Doch auch hier fehlt es an klaren Vorgaben.

Fallunterscheidung:

  • Reine Immobiliengesellschaften: Der Wert des Nießbrauchs kann aus dem Verkehrswert der zu erwartenden Ausschüttungen abgeleitet werden. In diesem Fall wäre eine anteilige Grunderwerbsteuer denkbar.

  • Operative Gesellschaften mit Grundbesitz: Der Wert des Nießbrauchs steht hier oft in keinem sachgerechten Verhältnis zum Grundstückswert. Eine pauschale Aufteilung würde die Systematik des § 3 Nr. 2 GrEStG sprengen. In der Praxis spricht daher vieles dafür, dass selbst bei Annahme einer Auflage keine sachgerechte Bewertungsgrundlage für eine anteilige Grunderwerbsteuer existiert – was eine Besteuerung faktisch ausschließt.

Fazit: Noch keine höchstrichterliche Klarheit – aber Gestaltungsspielräume nutzen

Die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften mit Vorbehaltsnießbrauch ist in der Praxis ein bewährtes Instrument der steueroptimierten Nachfolge. Sorgfältige Planung, eine steuerlich fundierte Vertragsgestaltung und frühzeitige Beratung sind der Schlüssel zur rechtssicheren Umsetzung. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie eine solche Struktur planen – wir unterstützen Sie mit steuerlichem Weitblick und präziser Gestaltung.

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